Raum­pädagogik am WdG

Unsere Klassenräume

58 Lernräume – pädagogisch und individuell gestaltet: Unterrichtsverlauf und Lernerfahrungen sind eng gebunden an den äußeren Rahmen, in dem Unterricht stattfindet. Dazu gehört eine bestimmte Zeiteinteilung ebenso wie eine bewusst gestaltete Lernumgebung. Seit 2007 hat das WdG als erste Hamburger Schule ein Lernraumsystem – landläufig „Kabinettsystem“ – eingeführt. Unsere Unterrichtsräume sind nicht den Klassen zugeordnet, sondern werden von jeweils einem oder zwei Lehrern betreut und mit Materialien, Medien und Möbeln ausgestattet, die für den jeweiligen Unterricht wichtig sind. Diese Maßnahme verfolgt das Ziel, unseren Unterricht zu verbessern. Jetzt können wir die Lernumgebungen in unseren Räumen nach den jeweiligen Bedürfnissen der Lehrer viel wirkungsvoller vorbereiten: Schülermaterialien, Bücher, Medienausstattung, Karten, künstlerischer Bedarf, Musikinstrumente, Modelle, technisches Equipment – alles das verbunden mit einer passenden Sitzordnung und einer lernförderlichen Atmosphäre macht aus unseren Räumen nun wirklich „dritte Pädagogen“, die nach den Mitschülern und Lehrern das Lernen befördern.

Zugleich sind Lernräume für die Schüler wie eigene Klassenräume, die sie mit ihren Klassenlehrern gemeinsam gestalten. Dort finden der Unterricht beim Klassenlehrer, Klassenstunden, Klassenfeste und besondere Projekte statt. Das Lernraumsystem hat große Auswirkungen auf unser Schulklima. Die Schule erlebt sich viel stärker als eine Gemeinschaft in einem gemeinsamen Haus des Lernens. Am stärksten spürbar wird dies in der „Studienzeit“, in der 1100 Schüler gemeinsam in 40 Lernräumen zusammen studieren – Tag für Tag, eine Stunde lang. In dieser Zeit blüht das „Kabinettsystem“ besonders auf.

Standards der Raumpädagogik

Wie sieht aber ein guter Lernraum aus? Damit wir nicht bloß über Dekoration und Geschmack reden, sondern darüber, wie ein Raum das Lernen befördern kann, haben wir am Walddörfer-Gymnasium nach Kriterien gesucht – und sind bei Hilbert Meyers zehn Kriterien guten Unterrichts fündig geworden, als einer belastbaren Zusammenfassung der neueren Unterrichtsforschung.

Von diesen zehn Kriterien haben nach unserer Erfahrung vier unmittelbar mit dem Raum zu tun:

Hier fragen wir danach, welche Lernmaterialien in einem Raum zugänglich sind. Wie sieht es aus mit Literatur, Schreib- und Ausdrucksmitteln, Experimentiermaterial, Werkzeug, Instrumenten, Bürobedarf, kreativem Material, Modellen? Und wie zugänglich sind diese Dinge? Kann ein Schüler selbstständig mit ihnen arbeiten oder sind sie in einem Schrank verschlossen? Ein guter Lernraum stiftet zum Lernen an und erweitert die Handlungsmöglichkeiten.

Welche Bildungsimpulse sendet ein Raum aus, sodass Resonanz entsteht zwischen Sache, Schülern und Lehrern? Das kann ein Plakat über die Menschenrechte von Amnesty sein oder eine kostbare Bibel, ein Flügel oder eine Bühne im Raum, ein kleines Knobelexperiment oder ein Shakespeare-Sonett an der Wand. In jedem Fall sind es Dinge, die uns als Lehrkräften viel bedeuten – Kulturschätze, die Leidenschaft vermitteln und Sinn stiften, indem sie neugierig machen und einen Gesprächsanlass bieten.

Welche Angebote macht ein Lernraum für das individuelle Lernen? Gibt es Materialien zum Üben oder Nacharbeiten, Herausforderungen für Überflieger, Angebote zum Vertiefen, wenn jemand sich besonders für etwas interessiert? In der täglichen Studienzeit wird das bei uns besonders wichtig, denn da lernt am WdG jeder im eigenen Tempo und entscheidet selbst, wie intensiv er sich mit welchem Thema auseinandersetzen will. Dazu gehören nicht zuletzt auch Materialien, die die Lehrkraft für das eigene Lernen nutzt.

Was für eine Atmosphäre geht von einem Lernraum aus? Wie wirken seine nonverbalen Impulse – einladend oder ausgrenzend, wertschätzend oder uninteressiert? Wir wissen: Angst und Lernen vertragen sich nicht. Ein guter Lernraum löst positive Gefühle aus und schafft eine vertrauensvolle Basis, sodass Schüler sich etwas zutrauen, weil sie sich angenommen fühlen.

Als ein fünftes Kriterium haben wir noch die digitale Ausstattung hinzugefügt: Welche Möglichkeiten bietet der Raum für das digitale Lernen in Ergänzung zum Analogen? Dazu gehört nicht nur ein Präsentationsmedium, sondern auch ein stabiles Netzwerk und eine ausreichende Anzahl digitaler Endgeräte, die individuelles und dialogisches Lernen in digitalen Räumen unterstützen.

Erdacht & erbaut von fritz schumacher

Die Walddörfer-Schule ist 1927-1930 von Fritz Schumacher als dessen letzte Schule erdacht und erbaut worden. Mit ihr hat der große Hamburger Architekt den Wald­dörfern ein Schulgebäude hinterlassen, das im besten Sinne ein bildender Ort ist: Der umgebende Wald, die Mauern, die Holzfußböden, die Schiebe­fenster, Türen, Geländer und Brunnen in den Fluren, all dies „bewirkt schon selbst Kultur“, wie es Goethe 1825 anlässlich der Einweihung der Bürgerschule von Weimar trefflich ausdrückte: „Die rohesten Kinder, die solche Treppen auf- und abgehen, durch solche Vorräume laufen, in solchen heiteren Sälen Unterricht empfangen, sind schon auf der Stelle aller düstern Dummheit entrückt und sie können einer heitern Tätigkeit ungehindert entgegengehen“. Das Walddörfer-Gymnasium steht heute im Prinzip noch genau so da wie vor 93 Jahren, kunstvoll ergänzt um ein Untergeschoss im Innenhof. Den hier wirkenden Pädagogen war und ist der „Kinderpalast“, wie die Hamburger das kostspielige Bauprojekt im Nordosten der Stadt in den 30er-Jahren nannten, immer wieder ein Quell reformpädagogischer Inspiration. 93 Jahre mutige und erfolgreiche Bildung legen dafür Zeugnis ab.

360° Rundgang

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2018 gehört das WdG zu den 15 besten Schulen: