Bewusster Konsum?! – Ernährungsprojekt der 10b

23.11.25: Ernährungsprojekt der 10b: Von der Verdinglichung des Lebendigen – wie das Fleisch auf unseren Teller kommt

Hochleistungswurf. Dieser Begriff ist einer von vielen Begriffen, die erschaffen wurden, um die Vorgänge der Fleischindustrie zu beschönigen, zu industrialisieren, zu rationalisieren und die uns Menschen helfen, uns von ihnen zu distanzieren.

Als Hochleistungswurf wird ein besonders großer Wurf von Ferkeln einer Sau bezeichnet. Der Begriff schafft Distanz zum Tier, indem er es als Maschine abtut, es abwertet. Dadurch fällt es uns leichter, das Fleisch als Produkt zu sehen, welches zwar von Tieren kommt, allerdings von Tieren, die wie Maschinen nur für uns existieren und „arbeiten“, deswegen sei es nicht so schlimm, so die Assoziation. Der Mensch macht Tiere mit Wörtern wie diesen zu seinen „Nutztieren“ und nimmt das fühlende Lebewesen dahinter kaum noch wahr.

Um diese Distanz, teilweise auch Ignoranz, zu verdeutlichen und in mehr Nähe und Aufmerksamkeit zu verwandeln, haben wir, die Klasse 10b, uns zusammen mit unseren Klassenlehrern Frau Dammann und Herr Thomes über mehrere Wochen hinweg fächerübergreifend mit genau diesem Thema beschäftigt. Während wir in Deutsch Erörterungen zu einer möglichen Erhöhung der Fleischsteuer oder einem wöchentlichen Veggie-Day verfassten und uns damit beschäftigten, wie Sprache unsere Wahrnehmung beeinflusst, standen in PGW und Geographie die ökologischen, ökonomischen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Fleischkonsums im Vordergrund. Die theoretische Auseinandersetzung wurde durch einen Gastvortrag von Dr. Lars Winterberg vertieft, der uns in einem ca. zweistündigen Bildvortrag mit in einen industriellen Schweinestall nahm, um dort einen Ferkelwurf von der Besamung der Sau bis zum Schnitzel auf dem Teller nachzuvollziehen.

Aber wir wollten die Verdinglichung des Lebendigen nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch nachvollziehen: So machten wir uns auf den Weg ins Museumsdorf, in dem Museumswart Egbert Läufer mit einem kürzlich geschlachteten Schaf aus seiner Herde auf uns wartete. Nach einer kurzen Einführung zerlegten wir selbst den Tierkörper. Diejenigen, die wollten, durften mitmachen, denen, denen es zu viel wurde, konnten Abstand halten und dem Geschehen aus der Ferne zuschauen.

Trotz anfänglicher Skepsis, wuschen sich nach und nach immer mehr Schüler*innen die Hände und fassten mit an. Durch Frau Bethges Erklärungen zu der Anatomie eines Schafs und dessen Organen, an denen sie deren jeweilige Funktion anschaulich erklärte, gewann auch der Rest der Klasse an Interesse. Wann hat man sonst die Gelegenheit, Lunge, Herz und Nieren im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen? So haben auch diejenigen, die mit Biologie normalerweise nicht so viel anfangen können, Zugang gefunden.

Als das Fleisch zerschnitten und das Fett entfernt war, brieten wir das Schaf und wer mochte, aß etwas davon.

Wir haben also in allen Schritten die Verdinglichung des Lebendigen nachvollzogen. Aber anders als beim Fleisch aus dem Supermarkt waren wir uns des Vorgangs dieses Mal bewusst, waren hautnah dabei: Dieses Stück Fleisch war noch vor wenigen Tagen ein atmendes, fühlendes Lebewesen – wie jedes Schnitzel, jeder Burger und jede Scheibe Salami auf unseren Tellern!

Die Reaktionen der Klasse auf diesen Tag fielen unterschiedlich aus, viele waren von den neuen Erkenntnissen getroffen, manche meinten, es sei befremdlich gewesen, wie wenig das tote Schaf noch einem Lebewesen ähnelte. Auch der Vortrag beschäftigte einige Schüler*innen sehr, er sei spannend, aber auch sehr heftig gewesen.

Für eine Sache hat dieser Tag auf jeden Fall gesorgt: Wir haben ein tieferes Bewusstsein davon bekommen, woher das Fleisch kommt, welches wir täglich konsumieren.

Und ist das nicht der Sinn von Bildung? Sich in ein Thema zu vertiefen und es sowohl theoretisch als auch praktisch zu erfahren? Durch das Projekt haben wir nicht nur auf einer wirtschaftlichen, ökologischen, ökonomischen und biologischen Ebene etwas gelernt, sondern auch erfahren, wie Begriffe wie „Hochleistungswurf“ unsere Wahrnehmung beeinflussen, verändern und fühlende Lebewesen zu „Nutztieren“ degradieren. (Emilia, 10b)

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